
Seit einigen Jahren erleben wir auch in Deutschland eine beunruhigende Zunahme von Vorurteilen und extremen Einstellungen, die sich vor allem gegen unterschiedliche Minderheiten richten. Hinzu kommen zunehmend Wahlerfolge rechter Parteien, deren populistisches Agieren auf erhebliche Resonanz stößt und demokratische Werte in Frage stellt. Mit dem Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, das bspw. den empirischen Untersuchungen der sogenannten Mitte-Studien zugrunde liegt, lassen sich verschiedene Formen abwertender und ausgrenzender Einstellungen gegenüber Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit analysieren, die allesamt auf eine Ideologie der Ungleichwertigkeit zurückgehen (Zick, Küpper & Mokros 2023). Eine wesentliche Erkenntnis der Studie ist, dass die Abwertung einer Gruppe zumeist mit der Abwertung anderer Gruppen einher geht. Zugleich folgt die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einem Bedürfnis nach Aufwertung der Eigengruppe, jedoch immer zulasten von anderen, von Fremdgruppen. Die Ideologie der Ungleichwertigkeit des Nationalismus, die mit unbeschreiblichen Verletzungen der Würde und der Rechte von Menschen einherging, prägt unsere Gesellschaft bis heute. „Nie wieder ist jetzt“, „Wehret den Anfängen“ sind aktueller denn je.
In diesem Seminar werden Sie im ersten Teil in verschiedenen interaktiven Workshops Phänomene wie Antisemitismus, Ausländer*innen-Feindlichkeit, Sexismus/Antifeminismus und viele weitere Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit analysieren und Handlungsmöglichkeiten gegen diese antidemokratischen Tendenzen entwickeln. Im zweiten Teil wenden wir uns explizit der Vergangenheit zu, um den Blick zu schärfen. In einem Blended-Learning-Seminar mit Titel „Verachtet – Verfolgt – Vergessen: Die Verfolgten der NS-Gesundheitspolitik. Lernen für heute und morgen!“ (ein Projekt des Lernorts Herzogsägmühle) werden Sie sich mit historischen Kontinuitäten auseinandersetzen und gesellschaftliche Stigmatisierung reflektieren, indem Sie sich mit den Opfern und Verfolgten der NS-Gesundheitspolitik beschäftigen. Dabei werden Begrifflichkeiten, Biografien von Opfern und Tätern sozialrassistischer Verfolgung sowie Auswirkungen historischer Ereignisse auf die Soziale Arbeit heute in den Blick genommen. Neben der Vermittlung von Wissen steht vor allem die Reflexion über soziale Verantwortung im Fokus der Veranstaltungsreihe.
- Dozent/in: Janine Linßer